Das hölzerne Sanatorium

Das hölzerne Sanatorium

Fachwerkarchitektur im Verfall

Die schmale Straße liegt wie ausgestorben in der frühen Abendsonne und schlängelt sich verspielt am Rande dieses ehemaligen kleinen Kurort-Idylls. Die Stille ist so aufdringlich, dass ich mich fast nicht traue, mit dem Auto weiterzufahren. Zaghaft drückt mein Fuß das Gaspedal, um möglichst geräuschlos im zweiten Gang unentdeckt bis zum erklärten Ziel zu eiern. Jedes Kuhkaff scheint belebter als dieses Örtchen, das doch mal vor Heilstätten und Sanatorien förmlich überquoll. Zu Tuberkulose-Hochzeiten zählte dieser Erdfleck 11 riesige Sanatorien, dazu noch Kurheime. Doch der Zahn der Zeit, die Evolution, Natur und Moderne haben den verbleibenden Architektur-Giganten stetig zugesetzt, nicht zuletzt Brandstiftung. Wir rollen weiter bis fast vor die Tür des verlassenen Sanatorium Hohentanneck. Es ist menschenleer und totenstill um uns herum. Sehr schön für den Moment der Vorfreude, ziemlich schlecht beim angestrengten Pirschen durchs Unterholz. Trockene Blätter scheinen irgendwie befreit von Vermoderung. Es knistert immer. Aber mit der Zeit stimmt man seine Raschelschritte mit Umgebungsgeräuschen ab. Wir rascheln uns näher. Das stolze Gebäude versteckt seine knöchernde Wackeligkeit hinter hohen Tannen. Durch ein paar Baumlücken versucht das schön gelegene ehemalige Sanatorium, einen letzten Hauch der imposanten Größe zu verströmen, die es einmal gehabt hatte. Erst beim Näherkommen und genauen Hinsehen erkennt man, wie schwach dieses verlassene Gebäude bereits ist. Eine Rettung ist völlig ausgeschlossen. Das Mauerwerk könnte einem Dominoeffekt gleichkommend jeden Augenblick nachgeben und wie ein Kartenhaus einbrechen. Die dicken Holzbalken werden keinen Halt bieten. Ich habe bei all meinen Urbex-Touren selten ein verlassenes Gebäude gesehen, was so offensichtlich und wirklich kurz vor knapp einsturzgefährdet ist wie diese alte Heilstätte! Die Wände sind in sich verschoben, ragen teilweise übereinander vor, wenn sie nicht schon ganz fehlen. Die mit Moos bedeckten Böden wölben sich nach oben und wippen an den kritischen Bereichen bei jedem Schritt drohend. Alles ist so aufgeweicht, schräg, schief und instabil, dass man schon von einem gewissen Risiko an Lebensgefahr bei diesem lost place sprechen muss! Und das ist so schade, da die Fachwerk-Architektur wirklich traumhaft schön ist.

das Innenleben

Es ist ein Trauerspiel: da hat man endlich mal einen lost place ohne Graffiti und kaum Vandalismus, dafür ist alles extrem marode, vermodert und kaum noch schön anzusehen. Inzwischen fast schon zum Wahrzeichen der Heilstätte Hohentanneck geworden, ist es ein Wunder, dass die blau-gelben Kacheln noch heil sind! Ich hätte auch nicht damit gerechnet, dass die Wasserleitungen noch vorhanden sind, da sie zu den Teilen gehören, die so ziemlich zuerst aus einem leer stehenden Gebäude verschwinden. Der Wandschrank im Erdgeschoss geht zwar schon völlig aus dem Leim, dennoch hat er seinen Charme behalten. In der oberen Etage gibt es nur noch einen Restbestand von verrottenden Klein-Möbeln. Besonders schön ist dafür die kleine Halb-Wendeltreppe aus Holz. Auch sie hat inzwischen einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Lost-Places-Szene.

Weitere Hintergrundinformationen kann man hier nachlesen:

http://www.glass-portal.privat.t-online.de/suelzhayn/04_sanatorium_hohentanneck.htm

https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BClzhayn

https://www.stadtansichten-nordhausen.de/sanatorium-hohentanneneck-teil-1/

https://www.wikiwand.com/de/Lungenheilst%C3%A4tte

https://ansichtskarten-lexikon.de/ort-suelzhayn-1847.html

http://www.rottenplaces.de/main/sanatorium-hohentanneck-2681/