Die verlassene Kirche „In Jesu Namen“

Die verlassene Kirche „In Jesu Namen“

„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“

Zugegeben: ich kenne mich mit Kirchen – ob verlassen oder in Nutzung – nicht im Detail aus. Für mich gehören der Altar, eine Orgel und jede Menge Sitzbänke dazu. Ach, und nicht zu vergessen das Taufbecken und die Kerzen. Was aber die Bauweise angeht, könnte ich nicht sagen, in welche Himmelsrichtung das Kirchenschiff steht oder was sich in den Räumlichkeiten befindet, in die der Prediger im Anschluss an seine Rede verschwindet.

Somit war mir auch nicht klar, dass es das Besondere dieser Kirche ist, dass sich im Untergeschoss Gemeinde- und Wohnräume befinden und Hochparterre der Kirchenraum. Sicherlich fand ich es ungewöhnlich, eine Treppe ins Kirchenschiff hinauf gehen zu müssen. Aber da ich die Kirche eh nicht durch den Haupteingang betreten hatte, schenkte ich meinen Fotomotiven mehr Aufmerksamkeit.

Im Nachhinein habe ich versucht, etwas mehr Informationen über diese Kirche herauszufinden, was sich als schwierig erwies. Sie wurde auf jeden Fall in den Jahren 1891 bis 1899 nach Plänen des bekannten halleschen Kirchenarchitekten Fahro errichtet. Interessant fand ich die hölzerne Decke, da ich bisher nur Kirchen kenne, die eine steinerne Gewölbedecke haben. Aber wenn es danach ginge, würden dieser Kirche auch fette Marmorsäulen und diverse Heiligenfiguren fehlen. Überhaupt fehlt es dieser verlassenen Kirche an Prunk, Glanz und Gloria. Aber genau deswegen mochte ich diese Kirche. Die Highlights hier waren dafür die kleinen guseisernen Öfen, oder noch besser die alte Karte der Bibel-Geschichte. Bei der Gelegenheit habe ich gleich mal meine Geografie-Kenntnisse von Palästina und Kanaan und Co aufgefrischt. Wobei ich nicht sicher bin, ob ich jemals einen genauen (Lage)Plan des „heiligen Landes“ hatte. Kann ich auch heute nichts mit anfangen, müsste mich interessieren. Die Karte ist trotzdem ein tolles Relikt und zum Glück ziemlich heile. Das kann man von der Kirche nicht behaupten. Die evangelische Kirchengemeinde Hettstedt beantragte im Jahr 2002 den Abriss der Kirche, die bereits von Schimmel befallen ist, Löcher in der Decke aufweist und insgesamt in eine marode Schieflage geraten ist. Dennoch steht sie 20 Jahre nach dem Antrag immer noch.