
Das verlassene Klubhaus „Freundschaft“ X50
Das ehemalige Klubhaus der Buna-Werke „Haus der Freundschaft“ oder auch Klubhaus X50 ist zum Lost Place geworden
Wie ein schweres monströses Skelett steht das verlassene Klubhaus X50 der Buna-Werke auf dem völlig zugewucherten Gelände. Der Haupteingang ist nicht mehr zu erkennen. Ein schmaler Trampelpfad führt direkt zu einem der ausgehöhlten Fenster dieses Koloss. Das ehemalige Klubhaus des Chemiewerks Buna steht inzwischen so lange leer, dass wirklich nichts mehr im Inneren aus alten Zeiten geblieben ist. Einzig die beiden großen Veranstaltungssäle haben in ihrer sozialistisch-klassizistische Architektur ihren Reiz nicht verloren.
Der Tag neigt sich schon ziemlich dem Ende zu, als ich ankomme. Ich habe bereits ein Wochenende mit diversen Lost Places und Gasthöfen mit Ballsaal in den Knochen und könnte direkt nach Hause brettern. Aber das alte Klubhaus X50 interessiert mich dann doch, insbesondere der große Theatersaal. Ich habe dabei immer ein Kunstwerk von Escher mit diesen vielen labyrinthartigen Treppen im Kopf. Jetzt will ich einfach mal selbst live und in Farbe darin stehen und sehen, wie er wirkt.
„Wow“, ist mein erster Gedanke, als ich die ersten Stufen im Theatersaal hochgehe. Natürlich sind die (wahrscheinlich metallenen) Geländer wie kaum anders zu erwarten längst abgeflechst, aber das finde ich aus fotografischer Sicht sogar vorteilhaft. So kommen die Formen und Linienführungen der Treppen besonders gut zum Ausdruck. Ich schaue mich um und bin doch sehr beeindruckt von der Größe des Saals, aber auch von der coolen Wirkung der Treppen. Es macht mir richtig Spaß, hoch und runter und rechts und links alles abzulaufen, denn tatsächlich komme ich mir ein bisschen vor wie direkt in dem Bild von Escher. Echt witzig. Was mir beim weiteren Ablaufen des ansonsten komplett entleerten Kulturhauses auffällt, sind natürlich die vielen Graffitis, aber nirgends liegen Bierflaschen oder Chipstüten oder sonstiger Müll. Es wirkt richtig aufgeräumt. Es gibt auch keine einsturzgefährdeten Böden oder Wände. Eigentlich wirkt das Gebäude völlig in Ordnung. Erstaunlich.
Wie die meisten großen Betriebe oder Industrie-Werke in der damaligen DDR hatten auch die Buna-Werke mit ihren 20.000 Mitarbeitern ein Kulturhaus erhalten. Allerdings wurde es 1952 nicht von dem Chemiekonzern oder dem Staat DDR erbaut, sondern von der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken nach einem Beschluss sowjetischer Offiziere. Zu der Zeit waren die Buna-Werke noch eine sowjetische AG. Eigentlich als „Haus der Freundschaft“ benannt war dieses Kulturhaus das erste seiner Art in der DDR und damit Vorreiter für die vielen später gebauten. Der verbreitete Name „X50“ kommt aus der Buna-internen Gebäuderegistratur und hat sich einfach durchgesetzt. Das Haupthaus wurde im Laufe der 1950ger Jahre durch Anbauten für Gastronomie und viele weitere Räumlichkeiten erweitert. Die beeindruckende Größe des kompletten Kulturhauses lässt sich gut am Theatersaal und Konzertsaal verdeutlichen: der Theatersaal bot Platz für 750 sitzende Gäste, der Konzertsaal hatte 250 Sitzplätze. Zu gern hätte ich mal Bilder vom damaligen Originalzustand gesehen…
Nach der Wende ist im Zuge der Privatisierung durch die Treuhand leider viel schief gegangen oder einfach hinten über gefallen. So auch das Kulturhaus X50. Der erste neue Besitzer war dann ein Hallenser Discobetreiber, der aus diesem Kulturhaus eine Großraumdisco machen wollte. Die Pläne sind allerdings wohl bei der Antragstellung auf Fördergelder nicht deutlich vermittelt oder vom Land Sachsen-Anhalt missverstanden worden, auf jeden Fall wurde die Fördermittelgenehmigung plötzlich als nicht förderungswürdig eingestuft, die Gelder zurückgezogen und damit das Projekt „ins Aus geschossen“. Die von der Saalesparkasse bereits gezahlten Kredite von rund 3 Millionen Euro wurden nie zurück gezahlt. Nach zehn Jahren Leerstand wurde der Gebäudekomplex zwangsversteigert und gelangte in die Hände der Firma Asoposa GmbH (die es inzwischen nicht mehr gibt). Dessen Geschäftsführer wurde allerdings wenige Jahre später wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Da es keine Sanierungsmaßnahmen oder Umbauarbeiten im Kulturhaus gab, folgte seit 2014 wieder einmal der ungenutzte Leerstand. Dennoch ist die Bausubstanz überraschend gut. Die Backsteinwände weisen keine Feuchtigkeit und keinen Schimmel auf, und die aus Beton gegossenen Treppen in den beiden Sälen haben ihre Festigkeit auch erhalten. Nicht einmal Moos oder kleine Pflanzen haben sich breit gemacht. Da das verlassene Klubhaus unter Denkmalschutz steht, darf es eh nicht abgerissen werden. Ob das „Haus der Freundschaft“ jemals wieder einen neuen Eigentümer findet oder für immer ein Lost Place bleibt, lässt sich schwer vorhersagen. Einzigartig bleibt das verlassene Klubhaus X50 aber immer.















