Russische Löwen-Kaserne

Russische Löwen-Kaserne

Ein weiteres verlassenes Relikt der russischen Stationierten ist verschwunden

Man glaubt es ja nicht, wenn man nicht wenigstens einmal dort gewesen ist. Und wenn man dann mittendrin steht, kommen die Fragen auch nur langsam. Ungefähr so langsam, wie man sich auf dem Areal der verlassenen Löwen-Kaserne nach und nach verlorener vorkommt. Denn die Kasernengebäude der ehemals dort stationierten sowjetischen Soldaten sind groß, weitläufig, und eben leer. Inzwischen jedenfalls, und das zum Glück. Denn so hell es dort heute ist und fast idyllisch zum Spazieren gehen einläd, umso dunkler ist der Grund ihrer Vergangenheit. Die Russen sind nach dem 2. Weltkrieg bereits so lange verschwunden, dass man versucht ist, sich rückblickend zu fragen, wozu das alles eigentlich gut war, und ob es sich denn gelohnt hat. Und ob das mit der Stationierung der Siegermächte-Soldaten eigentlich nötig war. Zumindest in diesem großen Stil, schließlich ging von Deutschland beileibe keine Gefahr mehr aus. Aber alles ist am Ende eine Frage der Macht, und die lag nach dem Krieg in den Händen der vier Siegermächte. Während die westlichen Staaten wohl mehr nach Osten als nach innen Deutschlands geschaut haben, hätte “der Russe” vielleicht doch zum Einsatz kommen können, denn die Bevölkerung war Pappe von den Lebensumständen in der DDR, was zum Glück in friedlichen Demonstrationen zum Austragen kam. “Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben”, hat “Gorbi” Gorbatschow gesagt, und erkannt, dass sich vieles ändern muss, und zwar gewaltfrei. Somit blieben die Soldaten in den Kasernen. Kein Bürgerkrieg, kein zweiter Roter Platz China.

Zu meiner Überraschung war das Gelände bei diesem lost place nicht sonderlich gesichert, der ursprünglich aufgestellte Bauzaun lag ganz offensichtlich schon seit langer Zeit zerbeult am Boden. Und warum auch nicht: dieses Fleckchen Erde bietet sich sehr zum Schlendern zwischen den vielen Gebäuden an. Und davon gibt es sehr viele. Sie stehen leer. Natürlich. Spuren findet man leider nicht mehr, sei es in Form von Stiefeln, Mänteln, Waschbecken mit Schriftzeichen oder sonstiges. Vielmehr ist man jedesmal erstaunt, immer noch ein weiteres Haus vor sich zu sehen, wenn man gerade erst um eines herumgegangen ist, und das, solange man den Wegen folgt. Ich bin nicht alle Gebäude abgelaufen. Die Sonne war zu schön in der friedlichen Ruhe…

Zum geschichtlichen Hintergrund

Die militärische Nutzung des Geländes rund um das Dorf Döberitz, westlich von Berlin, geht bis zum Preußen-König Friedrich Wilhelm I. im Jahr 1713 zurück und wurde von der Zeit vor dem ersten Weltkrieg bis zur NS-Zeit fortgesetzt. Es entstand ein großes Militär-Areal für Infanterie, Artillerie und Kavallerie, das als militärische Ausbildungsstätte gedacht und genutzt wurde. Dafür wurde das Gebiet weitreichend abgeholzt, das Bauholz aber gleichzeitig zum Bau vom Baracken für die Soldaten an der Berlin-Hamburger Chaussee verwendet. Um die Soldaten für einen potentiellen Einsatz in den deutschen Kolonien vorbereitet zu wissen, fanden ab 1896 auf dem Brachland permanente Gefechtsübungen statt. Anfang der 1910er Jahre wurde bei Priot eine Fläche für erste Flugübungen genutzt und das Ausbildungsareal um die erste provisorischen Fliegerschule erweitert.

Was diesen Ort zu etwas Besonderem macht ist, dass hier über Jahrzehnte hinweg neu entwickelte, technische Waffen getestet wurde, so zum Beispiel der Einsatz von Senfgas.

In der NS-Zeit wurden die Einrichtungen großzügig ausgebaut, es kamen weitere Kasernen, Schießstände und Gräben hinzu. Damit wurde Döberitz zu einem der bedeutendsten Standorte als militärisches Schulungszentrum. Dazu gehörten insbesondere die Flugabwehr in Elstal sowie der Fliegerhorst in Elsgrund, ebenso die Infanterie mit der Löwen-Kaserne (und der gegenüberliegenden Adler-Kaserne – beide Kasernen benannt nach ihren beiden eisernen Steinfiguren am Eingangsbereich). Außerdem soll angeblich der Vorläufer einer Vakuumbombe 1944 erfolgreich gezündet worden sein. Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde das Gelände und damit auch diese Löwen-Kaserne von der sowjetischen Armee in Beschlag genommen.

das Gelände heute

Seit dem Abzug der russischen Militärs liegt das komplette Gelände größtenteils ungenutzt brach. Eine wirtschaftliche Nutzung der Truppenübungsplätze ist aufgrund der Verseuchung mit chemischen Kampfmitteln und Munitionsresten nicht möglich, die Kosten der Bereinigung sind nicht zu tragen. Das Gelände der alten Kasernen wird nach und nach platt gemacht und als Neubaugebiet erschlossen. Der Bereich des ehemaligen Flugplatzes dient heute der Heinz-Sielmann-Stiftung als Freigehege für Wild und ist erklärtes Naturschutzgebiet.

Was bleibt, ist die Möglichkeit, auf gesicherten Wanderwegen in der Döberitzer Heide Spaziergänge zu machen.

Nachtrag: die Kasernengebäude sind inzwischen (2020) abgerissen.

weitere Informationen könne hier nachgelesen werden:

https://www.spiegel.de/geschichte/vergessene-orte-loewenkaserne-in-elstal-a-1051744.html

https://www.mdr.de/geschichte/zeitgeschichte-gegenwart/politik-gesellschaft/soljanka-und-subbotnik-verlassene-orte-106.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Dallgow-D%C3%B6beritz

http://www.mc-mk.de/GdDH/geschichte.html#Anchor-2.3-3800