Der verlassene Gasthof mit Ballsaal Jahna

Der verlassene Gasthof mit Ballsaal Jahna

Weg ist er. Der jahrelange Verfall hatte dem verlassenen Gasthof mit Ballsaal ordentlich zugesetzt. Herunter fallene Dachziegel stellten eine Gefahr dar, doch die Besitzerin rührte sich nicht. Das Ende vom Lied: die Gemeinde Ostrau musste den alten Gasthof kaufen, um ihn dann schließlich auch abreißen zu können. Seit Sommer 2023 ist Ende auf dem Gelände, die nun als Parkläche dienen soll.

Bevor es dazu kam, konnte ich den verlassenen Gasthof mit Ballsaal noch für mich und die Nachwelt dokumentieren…

Es herrscht Totenstille. Ich parke direkt am Friedhof. Aber schon bei der Durchfahrt kommt mir dieses kleine Örtchen wie ausgestorben vor. Keine Menschenseele auf der Straße, kein Laden, kein Nichts. Man könnte es auch idyllisch nennen, aber ich finde es eher befremdlich. Als erstes lande ich im verlassenen Ballsaal. Ein großes Loch im Boden hinter der Türschwelle sagt mir sofort, wo der Hase langläuft. Allerdings ist der Ballsaal auch am stärksten von Feuchtigkeitsschäden betroffen. Gegenüber der Bühne führt ein schmaler Gang zu den Gästezimmern. Sanftfüßig schaue ich rechts und links in die Zimmer. Sie mögen zwar leer sein, aber allein die Linoleumböden und alten Vorhänge bringen mich zum Lächeln. Als ich am Bad vorbei gehe, mache ich in meiner Bewegung gleich wieder einen Schritt zurück. “War das eben etwa eine Pflanze?!” Tatsache. In der Ecke neben dem Waschbecken hat sich ein Grüngewächs eingenistet. Es hat sich den Fensterplatz ausgesucht. Hätte ich auch gemacht; man will ja auch mal rausgucken. Ich würde das jedenfalls wollen, wenn ich als Pflanze schon drinnen leben soll. “Sieht aus wie eine Birke”, denke ich, aber ich mag nicht zu nahe herantreten – ich will den Fußboden nicht auf die Probe stellen. Kopfschüttend und gleichzeitig breit grinsend schleiche ich weiter und gehe die Treppe herunter ins Erdgeschoss. Ich traue meinen Augen kaum, als ich in das recht große Büro komme: ein uralter Computer, Röhrenmonitore, ein Fax, ein “Knochen”-Mobiltelefon und Geräte, die selbst ich aus der analogen Welt nicht mehr kenne. Ich bin so baff, dass ich mir erstmal alles genau anschaue, bevor ich fotografiere. Die Gasherde in der Küche erinnern mich an meine Kindheit, und kurz denke ich: “Mit Gas ging es auf jeden Fall schneller”. Aber alles hat seine Zeit. Und wenn man etwas noch nutzen kann, warum nicht. Auch dieser verlassene Gasthof hat seine Zeit gehabt. Sie ist nun vorbei. Ich hätte gern gewusst, wann seine Zeit endete, bevor er gänzlich verschwand. Vielleicht bringe ich das irgendwann noch in Erfahrung.