Die verlassene Villa “Fuchs”

Die verlassene Villa “Fuchs”

Die verlassene Fabrikantenvilla des Schuhfabrikanten Carl Fuchs diente früher auch als Kinderkrippe

An den Steinsäulen des Eingangsportals finde ich seltsame Reliefs. Ob das Kobolde oder Kinder sein sollen, ist mir nicht ganz klar. Mit Hinblick auf die Nutzung dieser verlassenen Villa zu DDR-Zeiten könnte man eine gewisse Absicht vermuten, aber das konnte Carl Fuchs ja vor seinem Tod nicht wissen. Oder? Ich blicke hoch: das Portrait von Carl Fuchs, dem Erbauer und Schuhfabrikanten dieser Villa, prankt oben im Portikus. Er sagt nichts zu meinen stummen Fragen, blickt nur stur zur Seite. “Sehr schräg”, denke ich. Also nicht das Konterfei von Herrn Fuchs, sondern die Gestaltung der Reliefs. Von einem Schuhfabrikanten hätte ich etwas anderes erwartet, aber wer weiß, vielleicht hatte er auch viele Märchen gelesen oder in einer Fantasiewelt gelebt.

Zu DDR-Zeiten und auch noch nach der Wende wurde die 1920 erbaute “Villa Fuchs” als Kinderkrippe genutzt. Seit 1997 steht sie nun leer. Der jetzige Besitzer (aus den alten Bundesländern), der das Grundstück 2000 über ein Auktionshaus erwarb, hat sich nie um die schöne Villa gekümmert. Er soll inzwischen in Australien leben und das Grundstück samt “Villa Fuchs” sozusagen nicht mehr “auf dem Radar” haben.

Im Inneren der “Villa Fuchs” finde ich zwar keine Spuren mehr von Carl Fuchs, dafür aber Überbleibsel der hier lebenden Kinder. Als ich in den Waschraum komme, stutze ich einen Augenblick. Die Waschbecken reichen bei mir nur knapp über die Knie. Auch die Toiletten wirken wie in einer Puppenstube. Ja klar, für Kinder muss alles kleiner und niedriger sein. Habe ich gar nicht gleich geschaltet. Im Nebenwaschraum kleben noch die Namensschilder über den Kleiderhaken. Es ist immer wieder beklemmend, der Vergangenheit so nahe zu sein, dass man sie nicht nur sehen und berühren kann, sondern diese seltsame Verbindung zum Jetzt hat. Ich stelle mir Kindergetrappel auf der Holztreppe nach oben vor und wage mich ins erste Geschoss. Der Boden ist hier gefährlich weich, die Decken teilweise eingebrochen und vor der Dachbodentreppe fehlt gar ein Stück Fußboden. Hier ist die Vergangenheit zu Ende. Meine Erkundung der verlassenen “Villa Fuchs” auch.