Das verlassene Flohmarkt-Hotel

Das verlassene Flohmarkt-Hotel

In einem kleinen verschlafenen Örtchen steht ein überraschend großes, verlassenes Hotel, in dessen Frühstücksraum ganz viele Dinge wie bei einem Flohmarkt auf den Tischen aufgebaut sind.

Die Straße schlängelt sich durch die kleine, verschlafene Ortschaft als wäre sie die Einzige. Ich muss aufpassen, dass ich nicht in einem Rutsch gleich wieder aus dem Ort heraus brause. Viel hat der Ort nicht zu bieten. Wenn man ehrlich ist, ist hier der Hund begraben. Wenn es danach geht, gibt es in dieser Region so einige begrabene Hunde. Daher wundert es mich, dass es dieses große, verlassene Hotel überhaupt gibt. Der Tourismus ist vor vielen Jahren mit dem Hund begraben worden und wird wohl auch durch die Wanderfreunde nicht wieder vollends zum Leben erwachen, wenngleich der Wandertrend hier wieder gut Fuß fasst. Ich nehme mir also selbigen Trend als Quasi-Tarnung, parke bei einem Wanderweg und stiefele zu meinem heutige lost place.

Es wurden anscheinend nachträglich zwei weitere Bauten an das vordere, wie ein Mehrfamilienhaus wirkende Gebäude, angesetzt. In der geräumigen Eingangshalle finde ich eine Brocken-Hexe, die bis heute überlebt hat. Hinter dem Anmelde-Tresen entdecke ich noch etwas ganz anderes: viele Dokumente über Reservierungen und mehr, alles mit den Daten dieser Menschen. Richtig finde ich das nicht und gehe kopfschüttelnd weiter. Ich lande im Frühstücksraum und wieder schüttele ich perplex den Kopf: ich komme mir vor wie bei einem Flohmarkt. Die Gegenstände auf den Tischen sind größtenteils heile, doch einiges liegt zerbrochen auf dem Boden. Vielleicht ist hier ein Waschbär oder ein Wiesel durchgerauscht und hat die leichte Verwüstung hinterlassen – man weiß es nicht. Ebenso seltsam kommt mir das viele Spielzeug vor. Es gibt doch genug Möglichkeiten, diese Sachen einem guten Zweck zu spenden, denke ich. Zumal der gedachte Flohmarkt offenbar nicht so von Erfolg gekrönt war. Aber was weiß ich schon. Ich bin jetzt umso neugieriger, wie wohl die Zimmer aussehen und was dort noch zu finden ist.

Die gewundene Holztreppe scheint auf den ersten Blick stabil, aber schon nach wenigen Schritten merke ich ein ganz klein wenig ihre angehende Labilität. Meine Antennen fahren sogleich aus, meine Anspannung steigt, jeder Schritt prüft bedächtig die Auswirkung meines schmalen Körpergewichtes. Im ersten Stock angekommen gibt der Fußboden unter meinem zweiten Schritt gefährlich nach. Schnell mache ich einen ausladenden Schritt weiter. Hätte ich Haare unter den Füßen, würden diese sich jetzt vor Schreck wie elektrisiert sträuben. Die Holzplanken sind wahrscheinlich feucht geworden und aufgeweicht, was man wegen des intakten Teppichs nicht erkennt. Vorsichtig gehe ich in den Gang, um zu testen, wie hart oder weich die Bodensubstanz weiter geht. Dieser Bereich ist zum Glück stabil. Die Badezimmer wirken, als könnte ich sofort einchecken. Weiße Handtücher, sauber und ordentlich gefaltet. Seifenstücke, die noch im original Papier eingewickelt sind. Nur das mit dem fehlenden Toilettenpapier wäre ein Problem. Und die nicht vorhandenen Betten. Das ist mir bei meinem Besuch gar nicht so bewusst geworden, aber rückblickend ist mir aufgefallen, dass in keinem einzigen Zimmer ein verbliebenes Bett war und ich gerne gewusst hätte, warum man Schränke, Sessel, Fernseher, und Krempel zurück lässt und sogar einen Flohmarkt aufbaut – aber die Betten, die waren jetzt der Stein des Anstoßes?! Vielleicht hat ja jemand ein Hotel eröffnet und wollte an den Betten sparen…- egal.

Auch wenn die Sonne draußen wunderbar scheint, hätte ich mich gern zum Entspannen in die Sauna gesetzt, die sich im Keller neben einem riesigen Schwimmbecken mit separatem Wärmepool befindet. Die Saunaräume sind mehr so Single-Kabinen, aber gerade das macht sie für mich attraktiv. Zumal es hier herrlich still ist, weil ich allein bin. Ein seltenes Erlebnis in einem lost place heutzutage.

Genauso still ist es draußen, als ich mich auf den Heimweg mache. Ich mag diese Ruhe. Würde das Hotel heutzutage noch geöffnet haben, hätte ich mir bestimmt ein Zimmer reserviert.